Riffschutz geht auch erfolgreich – Ein Interview mit „Mama Ranger“
Während unserer Tubbataha Safari an Bord der Naryana erhielten wir völlig überraschend die Info „Mama Ranger“ Angelique Morato-Songco ist in der Ranger Station und wäre bereit für ein Interview.
Nicht optimal für uns, wenn man den Anspruch besitzt gut vorbereitet in ein Interview zu gehen und gleichzeitig feststellen muss, dass 160 Kilometer von der nächsten Küste entfernt kein Internet zur Verfügung steht um dieses Defizit noch kurzfristig ungeschehen zu machen.
Aber die Möglichkeit das Interview statt wie geplant nach der Safari durchzuführen oder direkt in der Ranger Station vor Ort, dann lieber authentisch als im Büro.
Tubbatah wurde bereits im Jahr 1988 von der damaligen Präsidentin Corazon Aquino zum Nationalpark erklärt. Der Riffschutz bestand in der Anfangszeit nur auf dem Papier aber dennoch wurde das illegale Fischen mit all seinen Auswüchsen (Cyanid, Dynamit) weiter betrieben. Im Jahr 1993 wurde der Park zum Weltnaturerbe (Unesco) erklärt, die endgültige Sicherung erfolgte aber erst im Jahr 2000, da in diesem Jahr eine Ranger-Station im Atoll gebaut wurde.
Die Ranger beobachten das Gebiet rund um das Atoll und ahnden Verstöße konsequent, hierbei werden sie aber auch durch die Küstenwache und die Navy unterstützt.
Vor der Abfahrt Richtung Tubbataha Atoll muss sich jeder Tourist verpflichtend zwei Videos anschauen, wobei das erstere ein hochklassiges Werbevideo für die Destination ist:
Die wichtigsten Regeln, nichts anfassen, keine Handschuhe, Tank Banger oder Pointing Sticks. Ein Tauchgebiet ohne Banger und Shaker ist ja allein schon einmal ein Highlight, endlich mal Ruhe unter Wasser…..
Die Abendsonne senkt sich herab und wir setzen im Beiboot über zur Ranger Station. Nach der Einschreibung ins Gästebuch sehen wir uns auf der Ranger Station um. Die Ranger verkaufen zusätzlich T-Shirts, auch hier bemerkenswert, dass die Einnahmen im Wesentlichen in den Riffschutz gesteckt werden und nur 10% zwischen den Rangers geteilt werden. Wir sehen die einfachen Unterkünfte der Ranger und werden von einem Ranger in den hinteren Bereich geleitet. Hier werden wir von Angelique begrüßt und können mit unserem Interview starten:
Taucher.net Team (TN)
Hallo Angelique, schön Dich kennen zu lernen.
Mama Ranger (MR)
Hallo Christoph und Jan, schön euch kennen zu lernen.
TN: Wir sind total fasziniert von dem Projekt und dem hier gelebten Riffschutz. Wie ist die aktuelle Situation in Bezug auf Wilderer? Und welche Probleme mit Wilderern gibt es aktuell?
MR: Aktuell haben wir praktisch keine Probleme mit illegaler Fischerei!
TN: Absolut keine? Wie war die Situation in der Vergangenheit und wie wurde dieses Problem in den Griff bekommen?
MR: In der Vergangenheit gab es durchaus Probleme mit illegaler Fischerei. Diese haben aber im Laufe der Zeit nachgelassen. Von 2007 – 2010 waren es meist lokale Boote, die unter anderem Kreiselschnecken (Tectus niloticus) https://de.wikipedia.org/wiki/Kreiselschnecken gesammelt haben. Im Jahr 2002 wurden fünf chinesische Fischtrawler aufgegriffen. Danach nahmen die Zahlen immer mehr ab. In 2017 wurde nur ein illegales Fischerboot festgestellt. Achja und im Jahr 2014 lief ein chinesisches Schiff auf Grund. Die Fracht bestand aus Pangolins https://de.wikipedia.org/wiki/Schuppentiere#Verbreitung_und_Lebensraum welche streng geschützt sind. Natürlich wurde das Schiff beschlagnahmt.
TN: Wirklich? Sonst keine Probleme mit Fischerei mehr? Wie habt Ihr das geschafft?
MR: Die Strafen für das Fischen hier sind hart. Sie reichen über Gefängnisstrafen bis hin zur Beschlagnahmung der Boote. Und wir sind konsequent was die Umsetzung angeht. Selbst schnellere Boote als unsere dringen nicht mehr in die Schutzzone ein, denn sie wissen: „Their boats may be faster than ours, but they are not faster than our bullets“
[Anmerkung TN: Wow das ist mal ein klares Statement. Man kann über diese Härte schockiert sein aber der Erfolg gibt dem Ansatz recht. Hier scheint zu funktionieren, was rund um die Welt oft genug scheitert.]
TN: Natürlich haben wir uns schon im Vorfeld über das Projekt hier auf Tubbataha informiert. Besondere Aufmerksamkeit hat eine Geo-Reportage auf Arte erregt:
MR: Ja, diese Reportage ist zwar schon um die fünf Jahre alt, aber in weiten Teilen schon immer noch aktuell.
TN: In dieser Doku wird unter anderem auch aufgezeigt, dass die Wilderer, mit denen Ihr hier draußen zu kämpfen habt, keine bösartigen Verbrecher sind, sondern mit Alltags-Sorgen zu kämpfen haben, die wir in Deutschland nicht kennen.
MR: Ja, natürlich wollen die meisten der Fischer lediglich ihre Familie ernähren. Wir bemühen uns, den Fischern andere Wege aufzuzeigen und zu informieren, dass der Schutz der Riffe und des Fischbestandes für ihre Zukunft elementar ist.
TN: Wenn die Wilderer nicht mehr das große Problem sind, welches sind dann die aktuellen Schwerpunkte Deiner Arbeit? Welches sind die aktuellen Probleme?
MR: Aktuell kämpfen wir mit den Problemen des Klimawandels. Dazu gehört sowohl die Erwärmung des Wassers als auch die dadurch häufigeren Stürme. Aber auch angeschwemmtes Plastik ist ein Problem. Wir haben zum Beispiel schon Plastikflaschen aus Malaysia gefunden.
[Anmerkung TN: Auf allen Safaribooten die auf Tubbataha operieren sind Einweg Plastikflaschen verboten, auf der Narayana z.B. bekommt jeder Gast am ersten Tag eine eigene Trinkflasche ausgehändigt, welcher er am Wasserspender jederzeit auffüllen kann]
TN: Angelique, darf ich Dir auch Fragen zur finanziellen Ausstattung des Naturschutzgebietes stellen? Was geschieht mit den Eintrittsgebühren in den Park? Mit 5.000 Peso (ca. 85 €) pro Person und zusätzlich für die Boote dürfte ja einiges zusammenkommen?
MR: Ja sicher, aber wir haben auch das Problem, dass wir saisonbedingt nur circa drei Monate Zeit haben um das Budget für ein ganzes Jahr zu erwirtschaften.
TN: Was passiert mit dem Geld? Verbleibt es in vollem Umfang hier oder wird es staatlich verwaltet? Und welche finanziellen Projekte stehen als nächstes auf Deiner Agenda.
MR: Ja das Geld verbleibt im Moment im Wesentlichen hier. Natürlich bekommen auch die Ranger einen Teil davon ab. Im Moment sind wir damit beschäftigt eine zweite Rangerstation zu bauen: Diese wird uns ca. 210 Mio Peso (ca. 3,5 Mio €) kosten. Die Kosten entstehen durch die große Entfernung zum Festland. Arbeiter und Material hierher zu befördern ist aufwändig und damit teuer. Dabei unterstützt uns eine NGO (gemeinnützige Nichtregierungsorganisation) welche Spendengelder im Ausland einwirbt, Maschinen und Material erwirbt und uns dieses direkt zur Verfügung stellt.
TN: Das ist mit Sicherheit ein gewaltiger Verwaltungsaufwand. Wird dies hier vor Ort anerkannt? Und wie kommst Du selbst mit dem Aufwand zurecht?
MR: Ja ich will mit der zweiten Frage anfangen, die Zeit im Büro ist manchmal wirklich hart und dann frage ich mich warum ich mir das alles antue. Auf der anderen Seite, wenn ich einen Tag hier vor Ort bin, dann weiß ich es wieder und es ist einfach schön.
Unser Projekt wird inzwischen sowohl auf den Philippinen als auch weltweit anerkannt. Hier auf den Philippinen erhalte ich oft Anrufe von anderen Parks und Naturschutzgebieten, die sich bei uns erkundigen, wie wir bestimmte Probleme gelöst haben.
TN: Ihr stellt hier also so etwas wie ein Leuchtfeuer dar, an dem sich viele inländische Projekte orientieren?
MR: Ja, so könnte man es bezeichnen.
TN: Du hattest international auch erwähnt?
MR: Ja ich bin zum Beispiel im September in Frankfurt weil wir den KFW Gerhard Grzimek Preis gewonnen haben.
[Anmerkung TN Der Preis geht zurück auf den ehemaligen Frankfurter Tierparkdirektor, wird verliehen für herausragende Leistungen zum Erhalt der Biodiversität und ist mit 50T€ dotiert]
TN: Gratuliere! Eine letzte Frage, abgesehen von der zweiten Rangerstation, was sind Deine / Eure Projekte für die Zukunft? Was habt ihr als nächstes geplant?
MR: Das ist im Moment eine schwierige Frage. In der Realität werde ich nach der Saison vorwiegend in Manila sein um zu klären wie die zukünftige finanzielle und organisatorische Ausgestaltung des Parks sein wird. Seit dem 1.1. diesen Jahres sind wir organisatorisch direkt unterhalb der Regierungsbehörde eingegliedert. Die sich daraus ergebenden Entwicklungen müssen wir jetzt zunächst klären.
TN: Was denkst Du wie wird sich das entwickeln? Wird es besser oder schlechter?
MR: [Zögern] Dazu kann ich derzeit nichts sagen.
TN: Angelique, vielen Dank für das Gespräch und Dir und deinem Projekt weiterhin viel Erfolg mit dem Projekt.
MR: Vielen Dank für das Gespräch und noch schöne Tage in Tubbataha.